Ein Geschenk für alle Bergfreunde

Dieter Vögele: Dokumentation über die Alpenvereinssektion Rosenheim

 

Sie ist 130 Jahre alt, aber nach wie vor attraktiv und voller Lebenskraft - die Sektion Rosenheim des Deutschen Alpenvereins.

Bei ihrer Gründung am 23. September 1877 zählte sie 56 Mitglieder, jetzt sind es über 6000. Damit gehört die Sektion zu den mitgliedstärksten in Deutschland und ist in der Region eine Institution mit großer Tradition.

Was in der Zeit seit der Gründung geleistet wurde, ist beispielhaft auch für künftige Generationen.

Um dieses Gut für die Nachwelt zu erhalten, hat es sich Dieter Vögele, Ehrenmitglied und seit über 30 Jahren Schatzmeister, zur Aufgabe gemacht, die Geschichte in Wort und Bild zu dokumentieren.

In mühevoller Kleinarbeit, bei der ihm Freunde und manchmal auch der Zufall halfen, hat der frühere Sparkassendirektor seit fünf Jahren Berge von Material aus alten Vereinsaufzeichnungen, Zeitungen, Privatnotizen und Fotoalben zusammengetragen und ausgewertet.

Sein Ziel: Eine geordnete Dokumentensammlung zu schaffen, in der die Sektionsgeschichte möglichst lückenlos festgehalten ist.

Wer weiß heute noch, dass man bis in die 70er-Jahre zwei Bürgen brauchte, um Mitglied in einer AV-Sektion werden zu können.

In der Gründerzeit waren die Maßstäbe besonders streng. Man musste schon zu den besseren Kreisen gehören, zu denen Geschäftsleute, Akademiker, Beamte, Geistliche oder Offiziere zählten, um in den erlesenen Kreis aufgenommen zu werden.


Die Gründungsurkunde der Alpenvereinssektion
Rosenheim vom 23. September 1877


Einband des Brünnsteinhaus-Fremdenbuch.
Das Titelgemälde stammt vom Maler Michael Kotz


Dr. Julius Mayr, zweiter  Erster Vorsitzender der
Rosenheimer Alpenvereinssektion, nach einem Gemälde
von Wilhelm Leibl


Das Foto vom 16. Juli 1899 zeigt den
Aufstieg zum Julius-Mayr-Weg zum Brünnsteingipfel

Für das wohl berühmteste Mitglied, das jemals der Sektion angehörte, den Maler Wilhelm Leibl, bürgte 1885 der damalige Vorsitzende Dr. Julius Mayr. Sonst wäre der in recht bescheidenen Verhältnissen in Kutterling lebende Leibl wohl kaum für würdig befunden worden, Mitglied im Alpenverein zu werden.


Eröffnung des Julius-Mayr-Weg anno 1898


Der Kaempfel Michl, ein "Bergfex" und Rosenheimer Original


Am 12. August 1894 wurde das Brünnsteinhaus eingeweiht


Die erste Rosenheimer Alpenvereinshütte auf der Hochries war ab 1903 die
mittlere Seitenalm am Nordwestgrat.

Wenige wissen auch,, dass es beim Bau der Hochrieshütte 1913, kurz vor dem ersten Weltkrieg, zunächst einen Kleinkrieg zwischen dem Alpenverein und dem TSV 1860 Rosenheim gegeben hatte. "Der Baugrund gehörte der Sektion", berichtet Vögele, "die Hütte wollten die 60er für ihre Mitglieder erstellen." Das Projekt wäre fast gescheitert.

Schließlich kam es aber zu einer freundschaftlichen Lösung. Beide Vereine nutzten letztendlich Grundstück und Hütte gemeinsam, die erste echte Skihütte auf der Hochries.

Das frisch renovierte und mit modernster Umwelttechnik ausgestattete Brünnsteinhaus steht schon ein ganzes Stück länger auf seinem Platz. Es wurde auf Initiative vom Zweiten Sektionschef Dr. Julius Mayr gebaut und konnte bereits am 12. August eröffnet werden.

Hier berichtet die Chronik unter anderem, dass von Anfang an der Spaß am Schlittenfahren Scharen von Wintersportlern auf die Hütte lockte. In Schuss gehalten wurde die Rodelbahn bis hinunter in die Rechenau von Holzknechten mit ihren Hörnerschlitten. Ihr "Lohn" als "Bahnpfleger" bestand meist in einer Brotzeit und einer Maß Bier. Der Streckenrekord lag damals übrigens bei acht rasanten Minuten.

"Für die ersten Jahrzehnte seit der Vereinsgründung erwies sich beim Sammeln alter Dokumente und Berichte über das Vereinsgeschehen die Heimatzeitung als wahre Fundgrube", erzählt der Chronist.

Viele vergilbte Briefe, noch in deutscher Schrift verfasst, Privatnotizen, alte Tourenbücher, Urkunden und Stapel von Fotos machen das Sichten alter Unterlagen oft recht anstrengend. Doch der Schatzmeister scheut keine Mühe, um sein Werk zu vollenden.


Antiquariatsbesitzer Helmut Martin vom Roßacker
überreicht Dieter Vögele einige historische Bergbücher
der Alpenvereinssektion Rosenheim.

Fast alle Sektionsvorstände hat er auf Bildern oder Fotos beisammen. Nur der Allererste, der Postoffizial Anton Ludwig Christl, der die Geschicke des Vereins von der Geburtstunde 1877 bis 1887 leitete, fehlt ihm noch.

"Ich habe sogar schon im Bayerischen Staatsarchiv gesucht, bin aber nicht fündig geworden.", bedauert Vögele. Er gibt aber, wie es sich für einen echten Bergfex gehört, die Hoffnung nicht auf: "Wenn mir jemand ein Bild von Christl verschaffen könnte, das wäre ein Traum."


Zeichnungen im Fremdenbuch des Brünnsteinhauses von Rudi Sieck                        Zeitgenössische Postkarte


Aquarell von der Hebfeier der ersten Hochrieshütte




Der langjährige (1934 – 1967) Hüttenwirt Georg Seebacher mit seiner Harfe

Die Sektion Rosenheim hatte schon immer namhafte Bergsteiger in ihren Reihen. Die wohl bekanntesten unter ihnen waren um 1900 Josef Heliel, in den 30er-Jahren Franz Xaver Kummer, in den 50er-Jahren Jörg Lehne und Sigi Löw sowie der heute noch aktive Schorsch Haider.


Jörg Lehne und Sigi Löw

 

Der Verein unterhält und pflegt, wie ebenfalls aus der Chronik hervorgeht, in ihrem Arbeitsgebiet Brünnstein und auf dem "Rosenheimer Hausberg", der Hochries über 200 Kilometer Wanderwege und Bergsteige. Ihre Hütten am Brünnstein und auf der Hochries sind so beliebt, dass sie im vergangenem Jahr von über 60.000 Bergwanderern besucht wurden.

Die Dokumentation soll nicht nur ein Erinnerungswerk für die Rosenheimer Sektion sein, sondern ein Geschenk für alle Bergfreunde.


Dieter Vögele stellt Rosenheims Oberbürgermeisterin
Gabriele Bauer seine Dokumentensammlung vor.