In der Mitte des 19. Jahrhunderts waren es die Engländer, die mit
Erstbesteigungen insbesondere der höheren Eisgipfel in den Schweizer Alpen bergsportlich
auf sich aufmerksam machten. Sie waren es auch, die am 22.Dezember 1857 mit „The Alpine Club“ den ersten Bergsteigerverband mit Sitz
in London gründeten. Es war ihnen überlassen, Bahnbrecher zu sein und manche
der grundsätzlichen Einrichtungen, die später das bergsteigerische
Vereinsleben kennzeichneten, festzulegen: die Auslese der Mitglieder, die
alpine Literatur, das Führerwesen, die Abfassung verlässlicher Tourenberichte
und die Einführung von Vereinszeitschriften.
Diese rege alpinistische Aktivität der Engländer dürfte ein entscheidender
Impuls für die Gründung des Österreichischen Alpenvereins gewesen sein, der
am 9. November 1862 ins Leben gerufen wurde. Initiatoren waren: Paul Grohmann, Edmund von Mojsisovics
und Guido Freiherr von Sommaruga. Vereinszweck war:
„die Kenntnisse von den Alpen zu verbreiten und zu erweitern, die Liebe zu ihnen
zu fördern und ihre Bereisung zu erleichtern“. Diese Alpine Vereinigung mit
Sitz in Wien war auf Österreich begrenzt. Die politischen Ereignisse der folgenden
Jahre brachten mit dem Ende des Deutschen Bundes das Ausscheiden Österreichs
aus dem Verband der deutschen Staaten mit sich; so war die zentralistische
Struktur des Alpenvereins von Wien aus nicht mehr aufrechtzuerhalten. Dazu
kam die damals mehr wissenschaftliche als bergsteigerische Orientierung des OeAV, die manchen Widerspruch innerhalb und außerhalb
Österreichs fand.
Da ergriffen vier der
Alpinistik im gesamten deutschen Raum richtunggebende Männer die
entscheidende Initiative. Vier Männer, es sind zwei Österreicher Der Kurat
von Vent, Franz Senn, und Johann Stüdl; und zwei Deutsche: Theodor Trautwein
und Carl Hofmann. Auf ihre Anregung geht die Gründung des Deutschen
Alpenvereins unmittelbar zurück.
Am 9. Mai 1869 fand in München im Saal der „Blauen Traube“ eine Versammlung
von 36 Alpenfreunden statt, an welcher Franz Senn, Th. Lampart
und Joh. Stüdl teilnahmen
und in der die Gründung des Deutschen Alpenvereins mit der Konstituierung
seiner ersten Sektion München erfolgte. In öffentlichen Aufrufen zur
Teilnahme am Unternehmen Alpenverein wendeten sich die Gründungsväter an alle
deutschen Alpenfreunde: „Der deutsche Alpenverein, der sich die
Durchforschung der gesamten deutschen Alpen, die erleichterte Bereisung
derselben, sowie die Herausgabe periodischer Schriften zu Aufgabe setzt, soll
aus einzelnen Sektionen mit wechselnden Vorort bestehen.“
Zwei Alpenvereine gab es nun im ostalpinen Bereich nebeneinander; man könnte
auch durcheinander sagen. Denn einerseits war der Österreichische Alpenverein
bei seiner Gründung im Jahr 1862 keineswegs auf national-österreichische
Exklusivität orientiert und konnte es in der Ära des Deutschen Bundes auch
gar nicht sein; das wirkte 1869 immer noch nach, gehörten ihm doch auch nicht
wenige Mitglieder aus Deutschland an. Andererseits hatten sich noch im
Gründungsjahr des Deutschen Alpenvereins 16 Sektionen konstituiert, unter
ihnen 6 im österreichischen Staatsgebiet. Es war die Frage, wie aus dem
Nebeneinander und Durcheinander ein Miteinander geschaffen werden konnte. Die
Frage spitze sich zu nach der Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871:
Denn nun war in zwei klar geschiedenen nationalen Staatsgebilden getrennt,
was zuvor einem locker gefügten, aber doch einheitlichen Staatenbund angehört
hatte; was kurz nach 1866 noch flüssig erscheinen mochte, war nun fest
geworden. Die Lösung wurde 1873 gefunden und verwirklicht. Man könnte sie
genial nennen, doch war sie was freilich für jede geniale Schöpfung gilt,
einfach sachgemäß, notwendig und damit zukunftsträchtig. Es kam zum
Zusammenschluss der beiden Vereine als „Deutscher und Österreichischer
Alpenverein“: Ein Verband und doch zwei, ein Singular und ein Dual zugleich,
ein echtes Miteinander.
Die neue Satzung des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins war durch
die Handschrift Senns geprägt. Der Verein wurde föderalistisch ausgerichtet
und in selbstständige Sektionen gegliedert, die sich rasch über die gesamte
Monarchie und Deutschland ausbreiteten. Die Sektionen übernahmen
Arbeitsgebiete und begannen mit der Erschließung der Alpen, häufig mit
Unterstützung wohlhabender Mäzene.
Nach der politisch angeordneten Auflösung der Vereine nach dem Zweiten
Weltkrieg begann sowohl für den Deutschen wie für den Österreichischen
Alpenverein ein schwieriger Weg zur neuerlichen Zulassung. Die Hütten der
reichsdeutschen Sektionen des ehemaligen DuOeAV in
Österreich wurden anfänglich vom Österreichischen Alpenverein treuhändisch
verwaltet und konnten erst nach Unterzeichnung des Staatsvertrages 1955
wieder an die eigentlichen Besitzer, die nunmehrigen Sektionen des Deutschen
Alpenvereins zurückgegeben werden.
Von nun an waren beide Vereine wieder getrennt, was aber nicht heißt, dass in
den gemeinsam verfolgten Zielen um die alpine Sache eine enge Zusammenarbeit
unter dem ehrwürdigen Edelweiß gibt.
Quellenhinweise: JB
1969 des Deutschen Alpenvereins, Mailänder „Im Zeichen des Edelweiss“
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